Interview
Luise Wolfram
Luise Wolfram erzählt, was Weihnachten für sie persönlich bedeutet und wie Linda Selb Weihnachten erlebt.
Worum geht es in dem neuen "Tatort: Stille Nacht"?
Typische Bremer Themen: das Wasser und die Nähe zur See. Wir treffen Menschen, die mit einer Seemannsmission zu tun haben, und der Mordfall findet in dem Haus eines Kapitäns statt. Das heißt, es geht viel darum, wer wann wie zur See gefahren ist und was das mit einer Familie gemacht hat.
Was bedeutet das für Deine Rolle Linda Selb?
Der Tatort spielt ja zur Weihnachtszeit. Für alle, die nicht in einer klassischen, wohlbehüteten Familie leben, kann das auch eine sehr schwierige Zeit sein. Das betrifft auch meine Rolle Linda Selb und die Rolle von Jasna Fritzi Bauer, Liv Moorman, mit ihren Lebenskonstellationen: Sie sind beide in keiner Partnerschaft, sind beide eher mit ihrem Beruf verheiratet. Trotz dieser Herausforderungen, diesen merkwürdigen Dezember zu überleben, hat Linda Selb auf einmal aus einem bestimmten Grund eine sehr, sehr gute Weihnachtszeit und ein wirklich ausgelassenes Fest. Das hängt mit dem Fall zusammen, ist aber etwas, wo wir sie mal wieder in einem privateren Kontext kurz erleben können.
Hat es dir Spaß gemacht, mal wieder eine andere Seite von der teilweise ein bisschen kühleren, trockeneren Linda Selb, die nicht so emotional wirkt, vor der Kamera zum Vorschein zu bringen?
Ja, klar, auf jeden Fall. Da ist immer eine Sehnsucht, dass das, was ich so ein bisschen unter einem Deckel mitspiele, auch mal wieder rausgelassen werden kann. Das ist das Schöne an so einer langen, horizontalen Erzählung, wo man einen Charakter immer und immer wieder spielt, wenn man eben die Chance hat, diesen in verschiedenen Situationen zu zeigen. Sie lässt diesmal die Kontrolle gehen und das Leben auf sich rieseln. Wenn sie meine Freundin wäre, würde ich ihr genau das raten und wünschen. Darum habe ich mich gefreut, dass ihr das passieren darf.
Und wie findet Liv Moormann das, was Linda Selb da passiert?
Liv Moormann und Linda Selb ermitteln immer schon sehr unterschiedlich – das ist auch in diesem Fall so. Sie erleben und ermitteln unterschiedliches, teilen ihre Erkenntnisse nicht sofort miteinander, haben aber eine stille Übereinkunft - achten sich, wissen was die andere umtreibt und zerquatschen daher die Idee der anderen nicht. Überhaupt: Hauptsächlich wird nicht gequatscht, sondern gearbeitet in ihrem Zweierteam. Das flutscht mittlerweile wie geölt bei den beiden. Sie schaffen es nun immer besser, Konflikte zwischeneinander schnell wieder einzufangen, um sich der Sache zu widmen.
Der Tatort spielt nicht nur in der Weihnachtszeit, er wurde auch zur Weihnachtszeit gedreht. Kam da bei den Dreharbeiten auch ein bisschen Weihnachtsstimmung auf?
Ich dachte, Du fragst: Kam da der Weihnachtsmann ans Set? Der Weihnachtsmann kam tatsächlich in Form einiger Komparsen, die immer mal hier und da im Bild rumsaßen.
Wir haben den Tatort vor dem echten Weihnachtsfest abgedreht und ich hatte danach die ganze Zeit das Gefühl, Weihnachten wäre schon gewesen. Nachdem ich vom Dreh abgereist bin und wieder zu Hause war, um endlich richtig Weihnachten zu feiern, hatte ich schon so viele Lichterketten gesehen, leckere Kekse und Lebkuchen verzehrt, dass ich wirklich das Gefühl hatte, zwei Mal Weihnachten zu feiern. Das hat ja auch immer so eine Heimeligkeit und Gemütlichkeit. Deshalb war das durchaus ein sehr charmanter Dreh.
Was darf denn bei dir an Weihnachten auf gar keinen Fall fehlen?
Das klingt jetzt nach einem kapitalistischen Klassiker, aber für mich ist es wirklich so, dass zu Weihnachten Geschenke gehören. Ich schenke einfach gerne und würde auch sagen, dass ich ganz gut schenken kann. Zum Beispiel renne ich nicht erst am 23.12. los und kaufe verzweifelt überteuerte Schüsse ins Blaue. Das begleitet mich immer schon über das ganze Jahr. Und da ich gerne schenke, werde ich auch gerne beschenkt. Ich finde einfach dieser Moment, so ein Geschenk auszupacken, ist ein absoluter Hammer. Das war schon als Kind so und ich mag das immer noch gerne.
Damit meine ich überhaupt nicht, dass ein Geschenk besonders krass und teuer und riesig oder so maßlos sein muss, sondern eine kleine Überraschungsgeste. In unserer Zeit ist schenken merkwürdig schwer geworden, weil wir im Überfluss leben und der Trend zum Minimalismus geht. 'Was schenke ich jemandem?’, ist heute eine andere Frage als vor 20 Jahren. Früher waren DVDs immer ein Mega-Geschenk - das kannst Du heute nicht mehr machen. Und: 20-Jährige zu beschenken ist etwas Anderes, als 45-Jährige zu beschenken. Das beobachte ich auch immer mit einem gewissen Interesse, wie sich so eine Geschenkkultur verändert.
Gehört für mich auch dazu: das Weihnachtsoratorium von Bach. Das ist so eine Musik, die für mich eine absolute Feierlichkeit verströmt.
Aber ich höre natürlich auch gerne andere Weihnachtsklassiker wie den Soundtrack von „Tatsächlich Liebe“. Die kann ich bis zum Erbrechen hören.
Was ist das beste Geschenk, was Du verschenkt hast?
Neulich habe ich einfach völlig ohne Vorankündigungen zu dreien meiner Freundinnen gesagt: "Haltet euch bitte Tag X frei, abends machen wir was." Und dann war natürlich zwei Monate große Aufregung los, was das denn sein wird. Und wir sind am Ende ins Musical gegangen: "Ku'damm 59" in Berlin, was wirklich fantastisch ist von Annette Hess, Peter Plate und Ulf Leo Sommer, von Rosenstolz. Das war so eine Magie, dass sie nicht wussten, was das Geschenk sein wird. Der Abend war fantastisch. Das war zum Beispiel so ein Geschenk völlig aus der Reihe, was mit gar nichts irgendetwas zu tun hat. Es war einfach ein Geschenk des Geschenkes willen.
Gibt es bei Dir persönlich, vielleicht auch früher in der Kindheit in der Familie, eine spezielle oder lustige Tradition an Weihnachten? Ein bestimmter Ablauf oder etwas, das immer gemacht wurde?
Also, ich bin ja mit dem Weihnachtsmann aufgewachsen statt mit dem Christkind. Da unterscheiden sich ja sehr die Traditionen, je nach Landstrich und Elternhaus. Letztes Jahr habe ich das erste Mal mit einer Familie mit dem Christkind gefeiert und es war für mich echt schwierig zu akzeptieren. Dieser Akt des Geschenkeübergebens und dieser ganze heilige Akt darum, diesen Weihnachtsmann zu empfangen, fiel weg. Ich denke, dass es für die Kinder dieselbe Heiligkeit hat, wie das für mich als Kind mit dem Weihnachtsmann war. Aber da habe ich doch gemerkt, dass ich an dieser Zeremonie hänge. Jeder musste irgendwas machen, für den Weihnachtsmann vorbereiten und zeigen. Dann haben sich die Geschenke bei allen aufgestapelt. Der Weihnachtsmann hat noch Kekse bekommen, bis er dann mal wieder abgezogen ist. Das war das absolute Highlight dieses Abends. Ich habe auch schon für andere Familien den Weihnachtsmann gespielt. Das macht einfach Spaß
Du hast gerade schon "Tatsächlich Liebe" erwähnt. Hast Du einen Lieblings-Weihnachtsfilm?
Ja, "Tatsächlich Liebe" ist so ein Film, der fängt schon so schön an. Wie das da losgeht auf diesem Flughafen. Irgendwie rührt dieser Film total ans Herz. Je älter ich werde, umso größer wird meine Rührigkeit den Dezember über. Das fand ich früher zum Beispiel absolut behämmert. Bei Erwachsenen oder bei meiner Mutter konnte ich es nicht nachvollziehen. Und jetzt geht mir das schon selber so..
Gibt es einen Weihnachtsfilm, indem du rückblickend gerne mitgespielt hättest? Oder einen, in dem Du gerne mitspielst, wenn er neu verfilmt wird?
Keinen konkreten, aber ich würde immer gerne in irgendeinem Familienfilm mitspielen, bei dem zu Weihnachten einfach alles explodiert. So ein bisschen das Gegenteil von dem, was ich selber schön finde. Wo einfach alle unter einem Dach sind und es gar nicht geht, so in die Richtung "Schöne Bescherung". Das, glaube ich, würde mir Spaß machen.
Das Interview führte Emilia Knebel.