1999: Radio Bremen wird Partner beim Funkhaus Europa
Funkhaus Europa heißt das Hörfunkprogramm, mit dem der WDR seit August 1998 nicht nur in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer ansprechen will, sondern allgemein Hörer*innen, die an der Vielfalt der Kulturen interessiert sind. Am 5. Mai 1999 steigt Radio Bremen als Partner beim Funkhaus Europa ein.
Diversität gehört von Anfang an zur DNA von Funkhaus Europa. Die Idee des "Gast"-Arbeiters hat sich zu dieser Zeit längst überholt. So sind die herkömmlichen ARD-Fremdsprachensendungen zwar weiterhin Teil des Angebots, aber die programmliche Leitidee ist es nunmehr, die kulturelle Vielfalt einer Einwanderungsgesellschaft abzubilden und zu fördern. Darüber hinaus soll Funkhaus Europa besondere Akzente bei der Begleitung des europäischen Integrationsprozesses setzen.
Im Funkhaus Europa wird, der allgemeinen Verständlichkeit wegen, überwiegend auf Deutsch moderiert. Von Anfang an jedoch sind es Menschen mit Migrationshintergrund, welche die Inhalte prägen, als Journalist*innen und Moderator*innen, aber auch als Studiogäste.
Seit der ersten Stunde kooperiert Funkhaus Europa eng mit dem Berliner Radioprogramm SFB 4 Multikulti. Mit dem 5. Mai 1999 trägt auch Radio Bremen zum Erfolg des innovativen Programms bei, das der seinerzeitige WDR-Intendant Fritz Pleitgen als Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags sieht.
Dem Sendestart von Funkhaus Europa in Bremen sind für Radiomacher*innen interessante, spannende, aber auch anstrengende Wochen und Monate vorausgegangen, insbesondere um die Jahreswende 1998/99. Sie wurden gelegentlich auch von der Unsicherheit begleitet: Würde der für das vergleichsweise kleine Radio Bremen außerordentliche Kraftakt gelingen?
Denn die Zusammenarbeit fiel durchaus weder vom Himmel noch in den Schoß. Vielmehr war es eine Zeit kräftezehrender, intensiver, aufwendiger Arbeit in Bremen, der komplexen Programmgestaltung, der redaktionellen Abstimmungen mit Köln und Berlin – alles ohne E-Mail und Browser. Gleich mehrere Fachredaktionen und -bereiche bereiten bei Radio Bremen den Programmstart vor. Besonders die Redaktionen Bildung und Gesellschaft, Kinderfunk (Marion Gerhard) und Jazz und Weltmusik (Peter Schulze), aber auch Bremen 2-Wellenchef Dr. Jochen Schütt und Nachrichtenchef Martin Tofern sind die Geburtshelfer*innen des Bremer Programmanteils am Funkhaus Europa. Sendeleiter Joachim Kraus war derjenige, der gemeinsam mit seinem Gegenüber vom WDR die Kooperation eingefädelt hat, sie organisatorisch absicherte und die beiden Geschäftsleitungen von dem Vorhaben überzeugen konnte.
Das bei Radio Bremen verantwortete und produzierte Programm kann sich sehen – oder besser – gut hören, lassen. "Art und Weise – Das Europamagazin" bringt montags bis freitags am Nachmittag vor allem Berichte aus England, Skandinavien, Polen, Russland und den baltischen Staaten. "Mondo Cannibale", "Globale Dorfmusik", "Daheim in der Fremde", "8 Punkt 5 – Zeit für Kinder" und "Pops tönende Wunderwelt" heißen die anderen Sendungen, die teils täglich, teils einmal in der Woche aus Bremen zugeliefert werden.
Schließlich übernimmt Radio Bremen auch die Organisation und die technische Abwicklung des Sendebetriebs an allen Sonn- und Feiertagen von 6 bis 19.30 Uhr sowie für jeweils ein bis zwei Stunden werktags.
Dass Radio Bremen Nachrichten und Programmstrecken für das Funkhaus Europa zuliefern kann, sichert Arbeitsplätze in Bremen. Denn Radio Bremen ist auch schon vor der Ende des Jahres von den Ministerpräsident*innen beschlossenen Kürzung des ARD-Finanzausgleichs zum Sparen gezwungen. Da trifft es sich gut, dass der Sender fürs Funkhaus Europa produzierte Programm teilweise auch in seinen eigenen Wellen übernehmen kann.
Radio Bremen strahlt Funkhaus Europa zunächst auf seiner Mittelwellenfrequenz aus, später – ab September 2001 – auf eigenen UKW-Frequenzen.
Zum Jahreswechsel 2016/2017 nimmt COSMO den Platz von Funkhaus Europa ein – das Programm bleibt weiterhin eine weltoffene Radiowelle mit einem internationalen Team von Mitarbeiter*innen. „Global Sounds Radio“ buchstabiert sich die Leitidee jetzt, Zielgruppe ist ein kosmopolitisches, urbanes Publikum im Alter von ca. 30 bis 50 Jahren, das an Internationalität, Vielfalt und einer besonderen Musikfarbe ("Global Pop") interessiert ist.