Die Intendanten von Radio Bremen seit 1946
Seit 1946 wurde Radio Bremen von acht Intendanten und einer Intendantin geleitet, die das Unternehmen über die Jahrzehnte mit Ideenreichtum und Flexibilität gestaltet haben.
Die chronologische Liste der Intendanten und der Intendantin von Geerdes bis Gerner:
Walter Geerdes (Intendant 1946-1957)
Walter Geerdes, geboren 1903 in Hildesheim, arbeitete nach zeichnerischer und journalistischer Ausbildung zunächst als Grafiker und gab später eine Zeitschrift heraus. Ab 1933 war er als Kaufmann tätig.
Am 1. Juli 1946 wurde Geerdes erster Intendant von Radio Bremen. Unter seiner Leitung entwickelte sich ein leistungsfähiges Unternehmen mit einem beliebten Radioprogramm. Im Januar 1957 musste er aufgrund einer finanziellen Krise Kürzungen im Programm vornehmen. Im April 1957 wählte ihn der Rundfunkrat des Senders Freies Berlin zum Intendanten des SFB.
Walter Geerdes starb 1960 in Berlin.
Heinz Kerneck (Intendant 1957-1968)
Heinz Kerneck wurde 1912 in Jena geboren. Er arbeitete zunächst als Kaufmann und Journalist, wurde 1940 Soldat und kehrte 1946 aus britischer Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurück. Anschließend arbeitete er als Redakteur u.a. bei Pressediensten, ab 1953 in leitender Position bei der Deutschen Welle. 1957 wurde Kerneck zum Intendanten Radio Bremens gewählt. Während der in Deutschland schwelenden Debatte um eine Strukturkrise des Rundfunks 1967 setzte er sich für den Erhalt der "kleinen" Anstalten ein und hielt Radio Bremen die Treue, indem er das Angebot, Intendant des SFB zu werden, ablehnte.
Kerneck verstarb im Amt 1968 während eines Kuraufenthalts.
Hans Abich (Intendant 1968-1973)
Der 1918 im Landkreis Rothenburg/Osterlausitz geborene Hans Abich rief nach dem 2. Weltkrieg die Filmaufbau GmbH in Göttingen ins Leben. 1960 zog er nach Bremen und wirkte hier am Aufbau Radio Bremens mit. 1961 wurde er hier Programmdirektor für Hörfunk und Fernsehen, ein Jahr später auch Stellvertreter des Intendanten. 1968 berief man Abich zum Radio Bremen-Intendanten. Ab Sommer 1973 war Abich Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens mit Sitz in München und erwarb sich in den darauffolgenden Jahren den Ruf eines der klügsten Köpfe der deutschen Rundfunklandschaft.
Im November 2021 wurde bekannt, dass Abich während der NS-Zeit im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gearbeitet hat und für Propagandazeitschriften tätig gewesen sein soll. Ein Gutachten im Auftrag der Intendantinnen und Intendanten der ARD bestätigte dies. Nach Einschätzung des Gutachtens war er als Mittzwanziger in den Funktionsketten des Regimes noch nicht weit aufgerückt, aber dennoch Teil einer Säule des NS-Regimes, die die faschistische Ideologie förderte. Damit habe er zur Verbreitung und Legitimation von Rassismus und Antisemitismus, von Führerkult und Kriegsbegeisterung beigetragen.
Christoph Singelnstein, Vorsitzender der Historischen Kommission der ARD: "Die Verstrickung Hans Abichs in das NS-Propagandasystem und seine spätere Verdrängung werfen Schatten auf seine Verdienste um das demokratische Mediensystem nach 1945. Als Galionsfigur oder Vorbild taugt Hans Abich nicht mehr."
Mehr Informationen zu Hans Abich finden Sie hier:
Hans Abich starb 2003 in Bollschweil bei Freiburg.
Klaus Bölling (Intendant 1973-1974)
Klaus Bölling, geboren 1928 in Potsdam, begann seine berufliche Laufbahn 1947 als Redakteur beim Berliner Tagesspiegel. Anschließend arbeitete er u.a. beim RIAS, beim SFB, WDR und NDR, wo er u.a. die Sendung Weltspiegel mit entwickelte und moderierte. 1969 wurde Bölling Leiter des ARD-Studios in Washington und 1973 Intendant von Radio Bremen. Sein Wirken als Intendant in Bremen dauerte nur kurz, da er schon 1974 zum Regierungssprecher unter Bundeskanzler Helmut Schmidt berufen wurde; dieses Amt übte er – lediglich unterbrochen durch seine gut einjährige Tätigkeit als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik in der DDR – bis zum Ende der sozialliberalen Koalition 1982 aus.
Klaus Bölling starb 2014 in Berlin.
Gerhard Schröder (Intendant 1974-1985)
Gerhard Schröder wurde 1921 in Bad Wildungen geboren. Nach Kriegsgefangenschaft und Studium arbeitete er von 1952 bis 1961 als Referent für Rundfunk, Film und Presse und als Leiter der Kunstabteilung im Niedersächsischen Kultusministerium. Parallel wurde er 1955 zum Mitglied des NDR-Verwaltungsrats gewählt, dessen Vorsitzender er später wurde. Von 1961 bis 1973 war Gerhard Schröder NDR-Intendant, 1974 wurde er Intendant Radio Bremens. In seine Amtszeit fiel die Novellierung des Radio Bremen-Gesetzes 1979, das die Änderung von einer Intendantenverfassung zu einer direktoralen Verfassung beinhaltete. Der Intendant war nun nicht mehr allein verantwortlich, sondern Vorsitzender eines fünfköpfigen Direktoriums. Schröder hatte wesentlichen Anteil an der Verbesserung der Finanzlage während seiner Intendanz. Unter ihm wurden Loriot und Rudi Carrell berühmt, der „Musikladen“ entstand ebenso wie die noch immer erfolgreichen Sendungen "3 nach 9" und "buten un binnen".
Gerhard Schröder starb 2012 in Hamburg.
Karl-Heinz Klostermeier (Intendant 1985-1999)
Der 1936 in Hemmingen-Westerfeld geborene Karl-Heinz Klostermeier kam nach Studium und Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter 1968 als persönlicher Referent des damaligen Intendanten Gerhard Schröder zum NDR. In den folgenden Jahren hatte Klostermeier beim NDR verschiedene Leitungsaufgaben inne. 1977 kam er als Betriebsdirektor zu Radio Bremen, wo er ab 1985 das Amt des Intendanten innehatte und damit laut Radio Bremen-Gesetz von 1979 Vorsitzender des Direktoriums war. Auch in Klostermeiers Amtszeit gab es Diskussionen um die Finanzen und die Zukunftsfähigkeit Radio Bremens – Forderungen nach einer Fusionierung mit anderen ARD-Anstalten lehnte er jedoch ab. 1998 kam es zu einer weiteren Novellierung des Radio Bremen-Gesetzes, in deren Folge die Verantwortung für die Leitung des Hauses wieder auf den Intendanten statt auf ein Direktorium konzentriert war.
Karl-Heinz Klostermeier verstarb 2002 in Bremen.
Heinz Glässgen (Intendant 1999-2009)
Prof. Dr. Heinz Glässgen, geboren 1943, trat im Oktober 1999 die Nachfolge von Karl-Heinz Klostermeier an. Er war zuvor stellvertretender Programmdirektor Fernsehen und Leiter des Programmbereichs Kultur beim NDR. In die Amtszeit von Prof. Dr. Glässgen fiel der Beschluss der Ministerpräsidenten im November 1999 den ARD-Finanzausgleich zu halbieren, was für Radio Bremen jährliche Mindereinnahmen von rund einem Drittel des Etats bedeutete. Zur Rettung des Senders entwickelte die Leitung des Hauses unter Glässgen ein Maßnahmenpaket, das unter anderem Kooperationen mit anderen ARD-Anstalten im Programmbereich, die Straffung von Organisationsstrukturen, sozialverträglichen Personalabbau und die Zusammenlegung der Standorte von Hörfunk und Fernsehen an einem gemeinsamen Standort bei gleichzeitiger Halbierung der Betriebsfläche beinhaltete. Der 2007 fertig gestellte Bau wurde von der ARD mit einer einmaligen Strukturhilfe unterstützt, um Radio Bremen zu ermöglichen, durch die Vermeidung von Doppelstrukturen jährlich Betriebskosten einzusparen – eine Voraussetzung für die Sicherung der Überlebensfähigkeit der Landesrundfunkanstalt von Bremen.
Jan Metzger (Intendant 2009-2019)
Jan Metzger, geboren 1956, hat nach einem Zivildienst in Israel Geschichte, Politik und Soziologie in Freiburg, Berlin, Frankfurt am Main und Mexico-City studiert. Nach dem Abschluss eines Magisterstudiums begann er seine berufliche Laufbahn beim Hessischen Rundfunk. Dort war er sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen in verschiedenen Positionen tätig, unter anderem als ARD-Hörfunkkorrespondent in Spanien, Portugal und der Tschechoslowakei, als Wellenchef von hr1 und als Hauptabteilungsleiter Programmmanagement Fernsehen. Vom hr wechselte Metzger zum ZDF, wo er zunächst stellvertretender, später Leiter der Redaktion des "ZDF heute journal" wurde. Am 1. August 2009 wurde er Intendant von Radio Bremen. Während seiner Amtszeit sah er seine wesentliche Aufgabe darin, Radio Bremen in einer Zeit des rasanten Medienwandels für die digitale Zukunft zu rüsten. Dazu gehörten der crossmediale Ausbau der vorhandenen Programme und Angebote für neue Zielgruppen: Im Jahr 2016 startete mit Bremen NEXT ein crossmediales Programm für junge Menschen im Land Bremen zwischen 15 und 25 Jahren. Für die ARD entwickelte Radio Bremen eine Reihe von jungen und innovativen Formaten – vor allem für funk, das Content-Netzwerk von ARD und ZDF – und erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen. Ein jahrelang mit der ARD und den Ländern verhandelter, verbesserter ARD-Finanzausgleich trug zudem wesentlich dazu bei, dass die Existenz von Radio Bremen gesichert blieb.
Yvette Gerner (Intendantin seit 2019)
Dr. Yvette Gerner begann neben dem Studium der Politischen Wissenschaften, Germanistik und Slawistik als freie Mitarbeiterin bei der Zeitung "Die Rheinpfalz" in Speyer zu arbeiten. Schon während ihrer Promotion an der Universität Heidelberg war sie als redaktionelle Mitarbeiterin in der Hauptabteilung Außenpolitik beim ZDF tätig. Dort absolvierte Gerner auch ein Volontariat und hatte anschließend diverse Positionen inne. Als Chefin vom Dienst in der ZDF-Hauptredaktion Außenpolitik war sie zuständig für Sondersendungen, später war sie stellvertretende Leiterin des "ZDF-Auslandsjournal". Seit 2010 war sie Chefin vom Dienst in der Chefredaktion des ZDF und in dieser Position mit der Planung der Informationsangebote von Nachrichten bis Sport sowie bei Sondersituationen und herausragenden Ereignissen – wie z.B. Wahlen – betraut. Auch Fragen der strategischen Ausrichtung der Chefredaktion über die verschiedenen Plattformen gehörte zu ihrem Ausgabenbereich als Schnittstellenmanagerin. Am 1. August 2019 trat sie das Amt als Intendantin bei Radio Bremen an.