2005: Archäologische Funde und eine fast explodierte Bombe
Bei Bagger-Arbeiten auf dem Gelände für das neue Funkhaus von Radio Bremen in der Bremer Innenstadt wird am 1. Juni 2005 eine Zwanzig-Zentner-Bombe aus dem zweiten Weltkrieg gefunden. Viel fehlt nicht und die Bombe wäre explodiert und hätte Zerstörungen im weiten Umkreis angerichtet.
Ziemlich grob und nachhaltig scharrt der Baggerführer mit der Schaufel an einer harten Stelle herum, bis er schließlich merkt, dass es nicht die Reste eines Fundaments sind, die er bearbeitet, sondern eine Bombe. Ausgerüstet mit zwei Zündern, wie sich später herausstellt. Nur ein paar Zentimeter weiter links und hier hätte kein Haus mehr gestanden. Tage zuvor haben Riesen-Bohrer, die Löcher für Fundamentpfähle bohrten, die Bombe auch nur um wenige Zentimeter verfehlt.
Für die Entschärfung wird ein Gebiet im Radius von fast 700 Metern evakuiert. Viele Menschen können nicht in ihre Wohnung zurück, es kommt zu langen Staus, Flugzeuge werden nach Hamburg umgeleitet. 350 Polizeibeamte sind im Einsatz, dazu viele Helfer von Feuerwehr und Rotem Kreuz. Nach längeren Versuchen gelingt dem Sprengmeister mit seinem Team und mit vereinten Kräften an der Zange schließlich auch den zweiten Zünder abzudrehen. Die Gefahr ist gebannt.
Ausgrabungen bringe Fundstücke zu Tage
Weniger spektakulär, aber für Archäologen ein Glücksfall, sind andere Funde, die bei den Ausschachtarbeiten für das Fundament gemacht werden. Die Bauarbeiter finden diverse alte Gegenstände. Die Archäologen sind begeistert – bis zur Steinzeit lassen sich einige Dinge datieren. Sie legen die Baustelle von November 2004 bis ins Frühjahr 2005 lahm, um die Funde untersuchen zu können.
Der älteste Fund, eine grobe Steinhacke, stammt aus der Steinzeit (ca. 5000 bis 4000 v. Chr.). Darüber hinaus entdecken die Archäologen Gefäßreste aus der vorrömischen Eisenzeit (ca. 700 bis 100 v. Chr.). Reste eines kleinen, in die Erde gelassenen Grubenhauses aus dem 11. Jahrhundert dürften nach Einschätzung des Landesarchäologen zu einem kleinen Dorf gehört haben, das sich zu jener Zeit um die von Erzbischof Adalbert gegründete Stiftskirche St. Stephani entwickelte. Weitere Gebäudereste inklusive Herdstelle, Geschirr und Werkzeug datieren die Archäologen auf das 12. Und 13. Jahrhundert. Verschiedene Münzen und ein vergoldeter Beschlag stammen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges – in jener Phase lebten noch einige reiche Leute in dem später mehr und mehr von Fischern und Packhausarbeitern bewohnten Gebiet.
Auch die neuere Geschichte machen die Ausgrabungen lebendig. Keller-Ruinen mit Mobiliarresten und Fluchtgängen erinnern an die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. Im Bombenschutt verschüttetes Spielzeug taucht wieder auf, darunter Reste von Puppen, Würfel und Murmeln, ein angeschmolzenes Flaschen- und Kohledepot und – in einen Schacht gerutscht – ein großes Porzellan-Waschservice aus der Manufaktur Wittburg bei Farge.
Brunnen aus Sandstein
Aus dem frühen 17. Jahrhundert stammt der Brunnen, den Archäologen in der Baustelle finden. Durch einen Münzfund ist es möglich, ihn exakt auf das zweite Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts zu datieren. Der Brunnen besteht aus einem speziellen Sandstein, der schon im 12 Jahrhundert aus dem Oberweser-Raum über die Weser nach Bremen transportiert wurde. Weil der gelblich-graue Stein von hier aus in alle Welt verschifft wurde, ist der aus Oberkirchen stammende Sandstein als "Bremer Stein" bekannt. Er findet sich in vielen berühmten Gebäuden, vie beispielsweise im Bremer Rathaus, im Sockel der New Yorker Freiheitsstatue wie auch in Teilen des Weißen Hauses in Washington und weltweit in vielen Kathedralen. Der Bremer Künstler Dietrich Heller fügt die bestens erhaltenen Brunnenteile wieder so zusammen, wie sie vor ca. 400 Jahren aufeinander gestanden haben, außerdem sorgt er für einen Wasserzufluss. Restauriert steht der Brunnen nun wieder vor dem Weser-Haus von Radio Bremen.