Nächtliche Schlange vor dem Bürgerbüro
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- Veröffentlicht am: 8. November 2024
- Verfügbar bis: 8. November 2026 Informationen zur Verweildauer
Was machen 40 Menschen nachts vor dem Vituscenter in Mönchengladbach? Sie brauchen einen Reisepass oder wollen sich ummelden. Und dazu müssen sie Schlange stehen, um halb fünf morgens. Unser Autor Björn Henke hat sich mit der Kamera dazugestellt.
Wer in Mönchengladbach einen Reisepass braucht, hat ein Problem. Die online-Terminvergabe funktioniert nicht wirklich, also muss man selbst zum Amt. Das geht aber nur einmal in der Woche, am Donnerstag. Und wer eine der begehrten Wartenummern haben will, tut gut daran, sich um 4.30 Uhr nachts (!) in eine Warteschlange vor dem "Bürgerservice" zu stellen.
Was empfinden Menschen, die von einer versagenden Verwaltung dazu genötigt werden, zu nächtlicher Stunde drei bis vier Stunden anzustehen? Um bei Amtsöffnung um acht hoffentlich eine Nummer zu bekommen, die sie berechtigt, ihr Anliegen vorzubringen?
Als wir das an einem späten Mittwochnachmittag in der Redaktion diskutiert haben, hat unser Autor Björn Henke – als versierter Selbstdreher – angeboten, sich in der kommenden Nacht unter die Wartenden zu mischen. Früh am nächsten Morgen hat er uns die ersten Bilder einer Schlange geschickt, die sich bereits einmal um den Häuserblock zog. Da wussten wir schon: Diese Leute werden es nicht lustig finden, von ihrer Stadt so behandelt zu werden. Und so war es dann auch: Die Töne, die unser Autor mitgebracht hat, haben den ganzen Frust langer Wartestunden widergespiegelt. So geht man mit seinen Bürgern nicht um.
Autor: Björn Henke
Sender/Sendung: WDR, Lokalzeit aus Düsseldorf
Erstsendung: 06.06.2024
Laudatio von Clare Devlin
Morgens um halb fünf schlafen die meisten Bürgerinnen und Bürger in Mönchengladbach noch tief und fest. Wahrscheinlich auch der Oberbürgermeister. Doch eigentlich müsste er zu dieser Zeit Albträume haben – das macht ihm Autor Björn Henke abends in der Lokalzeit Düsseldorf des WDR unmissverständlich klar. Er richtet seine Kamera auf Menschen, die eigentlich nur ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachkommen, dafür aber mit Wartezeiten vor einer Behörde von bis zu vier Stunden bestraft werden. Der Staat verlangt Dokumente, bietet aber keinen Service. Henke macht deutlich: Die von ihm befragten Menschen fühlen sich wie Untertanen. Und die Zuschauerinnen und Zuschauer fühlen mit – denn die Verwaltung in Mönchengladbach ist nur ein Beispiel für eine oft mangelhafte Infrastruktur, die uns allen das Leben schwer macht.