Y-Kollektiv: Extremistische Influencer auf TikTok

„Darf man Geburtstag feiern?” und „Darf man einen Elternteil nicht mögen?“ und „Warum ist es verboten, Musik zu hören?“ – mit den Antworten auf solche Fragen lockt Ibrahim el Azzazi junge Menschen auf TikTok an. Auf seinem Account inszeniert sich „Sheikh Ibrahim” als selbsternannter ultraorthodoxer Gelehrter und erreicht mit seinen kurzen Videos bis zu eine Million Aufrufe. Von seiner Community, mehr als 350.000 Menschen, wird er als Star gefeiert. In einfachen TikTok-Videos beantwortet er Fragen zu Alltagsthemen, sodass Jugendliche schnell Vertrauen fassen und sich dem Einfluss der Prediger immer mehr hingeben. Fünf Monate recherchiert Y-Kollektiv-Reporterin Selma Badawi in dieser salafistischen Szene auf TikTok und fragt: Wie gefährlich ist dieses Phänomen für junge Menschen? Die neue Y-Kollektiv-Reportage „Extremistische Influencer auf TikTok: „Wir vertreten den richtigen Islam!““ findet im Rahmen des DarkTok Schwerpunkts von funk statt und ist ab Donnerstag, 25. August, auf YouTube und funk.net.zu finden.

Ibrahim el Azzazi wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet und ist Teil der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft in Braunschweig, die laut Verfassungsschutz Niedersachsen einen der zentralen Knotenpunkte der salafistischen Szene in Deutschland darstellt. Ibrahim sagt: „Verfassungsschutz nehme ich sowieso nicht für voll, also können die schreiben, was sie wollen.” Ist Ibrahim el Azzazi gefährlich? Y-Kollektiv-Reporterin Selma Badawi gelingt ein besonderer Einblick: Zwei Tage lang begleitet sie Ibrahim el Azzazi in seinem Alltag, konfrontiert ihn, möchte herausfinden, wie er tickt und wie andere seine Aussagen bewerten.

Dafür trifft sie auch einen von Ibrahims Followern: Hadi. Er ist siebzehn Jahre alt – für ihn ist die Meinung der Sheikhs zum Wegweiser geworden. Der Jugendliche betet täglich, versucht seinen Freundeskreis mit dem extrem orthodoxen Islam zu beeinflussen und macht seit kurzem Missionsarbeit auf der Straße.

Imam Ender Cetin, der in der Berliner Jugendstrafanstalt tätig ist, sieht das Phänomen sehr kritisch: „Letztlich ist ja das Problem, dass man in zwei, drei Sekunden versucht, alle Themen abzuhandeln, was nicht möglich ist.“ Er kritisiert auch das dualistische Weltbild – die Einteilung in „haram“, also schlecht, und „halal“, also gut. „Es geht im Islam nicht um Dogmen und um Rituale, die man blind durchführt, sondern es geht letztendlich um das Gefühl, um das Spirituelle. Und ich sollte niemals sagen: „Wir sind die Richtigen und das sind die Falschen.“”

Kurz vor Veröffentlichung der Reportage sperrt TikTok den Account von Ibrahim el Azzazi wegen „hateful behaviour” und mehrfachen Verstößen gegen die TikTok-Richtlinien. Doch es gibt bereits neue Accounts mit auffallend ähnlichen Namen.

DarkTok-Schwerpunkt von funk

TikTok hat eine immer größer werdende Relevanz in der jungen Zielgruppe: Der Schwerpunkt von funk soll für einen bewussten Umgang auf TikTok sensibilisieren – nicht durch Verbote, sondern Aufklärung. Die DarkTok-Inhalte werden in einer Playlist gesammelt, die im Laufe der Schwerpunkt-Woche stetig ergänzt wird.

Y-Kollektiv

Das „Y-Kollektiv“ steht für junge, hochwertige und haltungsstarke Videoreportagen. Die Gruppe junger Journalistinnen und Journalisten hat über eine Million Abonnenten bei YouTube mit durchschnittlich mehr als fünf Millionen Abrufen pro Monat und über 270 Millionen Aufrufen insgesamt. Parallel wird auf  YouTube, Instagram, Facebook und Twitter diskutiert. Im Ersten ist das Format mit dem TV-Ableger „Rabiat by Y-Kollektiv“ zu sehen. Seit November 2020 gibt es außerdem „Y-Kollektiv – Der Podcast“ in der ARD Audiothek

„Y-Kollektiv“ wird von Sendefähig GmbH im Auftrag von Radio Bremen für funk produziert. Mehr Informationen stehen auf der funk-Formatseite im funk-Presseportal zu Verfügung.